Rückblick
Sichtlich frierend steht sie an der Straßenkreuzung und wartet, bis die Ampel auf Rot stellt, um zwischen den Autos hin und her zu hüpfen und den Fahrern eine Gratiszeitung durchs Fenster zu reichen. Ein Studentenjob, mit Sicherheit! Wie lange harrt sie hier wohl schon aus? Wann setzt hier morgens der Berufsverkehr ein - kurz vor sieben? Die Arme, bei dieser Kälte ist das sicher nicht angenehm!
Ich erinnere mich noch gut an diese Jobs - in aller Frühe aufstehen, was einem Studenten ja immer schwer fällt, sich richtig dick einmummeln und dann stundenlang in der Kälte stehen und irgendwelche Sinnlosigkeiten verteilen. Diese Jobs waren nicht gerade berauschend gut bezahlt, die Passanten nicht immer angenehm - von neugierig bis genervt, manchmal freudig überrascht (wenn es zufällig mal Lebkuchen war, der unters Volk gebracht werden sollte) - und oft genug behielt man als Erinnerung daran auch noch eine heftige Erkältung zurück. In jedem Fall schmerzten nach dem stundenlangen Stehen und gehen die Beine und nur mühsam erwärmte man sich im Anschluß wieder.
Ein notwendiges Übel war diese Art von Jobs als Studentin für mich - die Existenzgrundlage. Damals dachte ich voll Sehnsucht ans Berufsleben, an ein warmes Büro, an Arbeit im Sitzen und mit etwas mehr Anspruch.
Inzwischen bin ich berufstätig, lasse mich jeden Tag von Kunden und Mitarbeitern stressen, kümmere mich um unzählige Anliegen ohne dass sich jemand darum kümmert, wie es mir geht, stehe unter massivem Erfolgsdruck und bin den Launen meines Chefs ausgesetzt, der ständig die Kompetenzen neu verteilt, sodass man nie weiß, wer gerade für welche Entscheidung zuständig ist.
Und plötzlich beneide ich die frierende Studentin glühend. Sie trägt keine Verantwortung, hat keinerlei Druck, sie hat geregelte Arbeitszeiten - sie ist frei. Wie gerne wäre ich wieder Studentin, trotz der ewigen Geldsorgen und der zwangsläufigen Sparsamkeit. Ich konnte mir meine Zeit selbst einteilen, konnte lang aufbleiben und spät aufstehen - ein Tagesablauf, der mir viel besser gefallen würde, als dieses Aufstehen um 6:00 Uhr. Und wenn ich es mir recht überlege - wie hoch ist mein derzeitiger Stundenlohn wohl? So berauschend ist mein Gehalt nicht, gemessen an der Vielzahl von Stunden, die ich dafür im Büro sitze oder auf Achse bin. Vermutlich verdiente ich mit den Studentenjobs sogar besser. Dieser Frage werde ich aber lieber nicht weiter nachgehen, denn was motiviert mich dann noch zum Aufstehen?
Ich nehme also dankbar lächelnd die Gratiszeitung entgegen, in der Gewißheit, dass wir einander beneiden - bis sie vermutlich eines Tages ebenfalls wehmütig auf die Studentenzeit zurückblickt.
Ich erinnere mich noch gut an diese Jobs - in aller Frühe aufstehen, was einem Studenten ja immer schwer fällt, sich richtig dick einmummeln und dann stundenlang in der Kälte stehen und irgendwelche Sinnlosigkeiten verteilen. Diese Jobs waren nicht gerade berauschend gut bezahlt, die Passanten nicht immer angenehm - von neugierig bis genervt, manchmal freudig überrascht (wenn es zufällig mal Lebkuchen war, der unters Volk gebracht werden sollte) - und oft genug behielt man als Erinnerung daran auch noch eine heftige Erkältung zurück. In jedem Fall schmerzten nach dem stundenlangen Stehen und gehen die Beine und nur mühsam erwärmte man sich im Anschluß wieder.
Ein notwendiges Übel war diese Art von Jobs als Studentin für mich - die Existenzgrundlage. Damals dachte ich voll Sehnsucht ans Berufsleben, an ein warmes Büro, an Arbeit im Sitzen und mit etwas mehr Anspruch.
Inzwischen bin ich berufstätig, lasse mich jeden Tag von Kunden und Mitarbeitern stressen, kümmere mich um unzählige Anliegen ohne dass sich jemand darum kümmert, wie es mir geht, stehe unter massivem Erfolgsdruck und bin den Launen meines Chefs ausgesetzt, der ständig die Kompetenzen neu verteilt, sodass man nie weiß, wer gerade für welche Entscheidung zuständig ist.
Und plötzlich beneide ich die frierende Studentin glühend. Sie trägt keine Verantwortung, hat keinerlei Druck, sie hat geregelte Arbeitszeiten - sie ist frei. Wie gerne wäre ich wieder Studentin, trotz der ewigen Geldsorgen und der zwangsläufigen Sparsamkeit. Ich konnte mir meine Zeit selbst einteilen, konnte lang aufbleiben und spät aufstehen - ein Tagesablauf, der mir viel besser gefallen würde, als dieses Aufstehen um 6:00 Uhr. Und wenn ich es mir recht überlege - wie hoch ist mein derzeitiger Stundenlohn wohl? So berauschend ist mein Gehalt nicht, gemessen an der Vielzahl von Stunden, die ich dafür im Büro sitze oder auf Achse bin. Vermutlich verdiente ich mit den Studentenjobs sogar besser. Dieser Frage werde ich aber lieber nicht weiter nachgehen, denn was motiviert mich dann noch zum Aufstehen?
Ich nehme also dankbar lächelnd die Gratiszeitung entgegen, in der Gewißheit, dass wir einander beneiden - bis sie vermutlich eines Tages ebenfalls wehmütig auf die Studentenzeit zurückblickt.
Bramasole - 30. Sep, 12:26